Dunkerque, Dunkirk, Dünkirchen, Urlaubsreise, Erkundung, Frankreich

1 • Dunkerque • Unser Urlaub

Unsere kleine Städtereise führt uns von Dunkerque über Dover, Folkstone, Eastbourne, East Preston, Littlehampton, Brighton und Portsmouth wieder zurück von der Insel auf den Kontinent. ?? ?????????

Dunkerque oder Dunkirk oder auch Dünkirchen • Nord-Pas-de-Calais⁩, ⁨Frankreich⁩

Im Norden Frankreichs und noch dazu in sozusagen unmittelbarer Nähe zum Vereinigten Königreich ist Dunkerque gelegen. Ich verwende hier die französische Schreibweise, da wir uns ja auch in Frankreich aufhalten. Das Englische »Dunkirk« lässt mich irgendwie an einen alten Science-Fiction-Film denken, der noch in Schwarz-Weiß gedreht wurde 😉
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Die Lage dieses geschichtsträchtigen Ortes ist nicht nur strategisch unglaublich wertvoll, sondern wir finden sie zudem sehr schön. Blauer Himmel, blaues Meer, weißer feiner endloser Sandstrand, der von der Körnung wahrscheinlich extra für Sanduhren gemacht wurde, erstreckt sich bis zum Horizont. Hier können glatt diverse Klischee-Kino-Liebesfilme gedreht werden, die niemand sehen möchte 😉 Aber da gibt es ja noch eine ganz andere Geschichte, nämlich die richtig echte. Die unlustige, die immer mit Krieg und Tod zu tun hat. Wert, sich einmal damit hautnah auseinanderzusetzen. Amys Idee auf der Spur, sind wir direkt am nächsten Tag zu den Festungsanlagen gelaufen, um das einmal selbst in Augenschein zu nehmen. Ehrlich gesagt dachte ich zuerst, das hier stammt alles aus Zeiten des zweiten Weltkrieges und es würde wieder alles auf unsere dunkle deutsche Vergangenheit hinauslaufen. Aber es geht eigentlich schon im 7. Jahrhundert los und mit dem Festungsbau richtig im 17. und 18. Jahrhundert. Das kann man an vielen Stellen am Mauerwerk erkennen. Selbst ein Laie, wie ich, kann verschiedenste Werkstoffe und Methoden erkennen, die dort frei herumliegen. Wie ein toter Körper sind einige dieser Festungen aufgrund der Erosion, insbesondere der Kraft des Meeres, einfach nach vorn gekippt und es haben sich die Eingeweide in Richtung Meer in Form von ganzen Mauerteilen, verwitterten Steinen in Richtung Meer im Sand vergraben. Als würden Sie auf uns warten, zeigen sich viele dieser Steine nach oben hin ganz surreal in feinster geschliffener Form, als würden dort teilweise kleine weiche Kopfkissen liegen. Dabei werden diese Formen allein durch Wind und Strand wie in einer Sandtrahlkammer von der Natur geformt, ganz so, wie sie es möchte, und nicht, weil das extra für uns so aussehen soll. Irgendwie schade eigentlich ?

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Stahlbeton wechselt sich mit Ziegelsteinmauern, Felsen im Verbund und wieder Stahlbeton ab. Manchmal erkennt man noch andersartige Beton- und Natursteine anderen Ursprungs. Aber alles hatte sein Ziel, bemerkt man unschwer, nämlich diese riesig große Festungsanlage zu errichten.

Die erste Reihe erklommen erkennt man, dass es sich um viel mehr handelt, als das, was man erwartet. Ich kenne nur diese komischen Blöcke aus dem zweiten Weltkrieg, die man von den Ufern der Ostsee her kennt, die so im Wasser herumliegen. Meist in kubischer Form sind sie unspektakulär und sehen aus, als hätte man sie als Kunstobjekt dorthin gelegt. In Dunkerques umfängt mich beim Anblick des Areals von weiter oben schon ein wenig Unwohlsein. Etwas Unwirkliches schwebt über dieser Landschaft. Man kann es schwer beschreiben. Man kann es, wahrscheinlich, wie wir hier diese Festungsanlagen Stück für Stück erklommen haben, eher erahnen als sehen. Man fühlt die Steine, sieht die verschiedenen Formen. Die Umwelt ändert sich von Schritt zu Schritt. Es nimmt schnell richtige Wirklichkeit an, wenn man weiter ins Innere dringt. Es gibt einen Haufen von kleinen Wegen, schmalen Dächern und viel Gestrüpp. Wild wachsende Sträucher, die überall die Sicht versperren. Man erkennt aber schnell, dass wir hier nicht die Einzigen sind, die herumstromern. Zwar ist kein Mensch zu sehen und zu hören, aber es gibt kleine Pfade, die sich ganz dicht an Wänden vorbeischlingen und an irgend einem Eingang, Fenster oder Loch enden. Hier findet man Zugangsbarrieren. Dicke Gitterstäbe. Aber alle Zugänge, die wir finden, sind offen. Die Gitterstäbe herausgesägt, Steinplatten liegen zerbrochen daneben. Ganz ehrlich – ich hab mich in keinen Zugang gewagt und bin mir sehr sicher, dass jeder Eingang noch von einem alten Geist bewacht wird. Ganz besonders, wenn hier so viele Menschen gestorben sind.

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Amy zieht es in einen Gang hinein. Ich schaue mir das aus sicherer Entfernung an und hoffe darauf, dass sie irgendwann wieder aus irgend einem anderen Loch auftauchen wird. Währenddessen schieße ich Unmengen von Fotos, mache Filmaufnahmen mit meinem kleinen Handy und vertreibe mir so meine Sorgen. Außerdem muss ich echt aufpassen, hier nicht irgendwo einen falschen Schritt zu machen, denn einmal oben angekommen, erfasst einen irgendwie die Notwendigkeit, sich ausschließlich auf den Dächern herumzubewegen, auch wenn man einmal etwas weiter springen muss. Aber das wird mir hier zu gefährlich. Ich lasse mich weiter nach unten hinab und hoffe, dass mir Amy nacheilt. Wer lässt schon seinen Papa im Stich, wenn der sich verdünnisiert?

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Ich dringe weiter zur meerabgewandten Seite und weiteren erreichbaren Betonwänden. Hier gibts viel bunte Graffitis. Zuerst finde ich es ziemlich Scheiße, das hier alles so zu beschmieren. Dann entdecke ich Worte, die mir gefallen. »Widerstehen« steht da. Richtig in deutscher Schrift. Ein Schauer fährt meinen Rücken hinab. Echt krass. Hier in Frankreich, tief in solch einem Dingdsa plötzlich Deutsch. Dann sehe ich noch »Peace« und »Hotel«. Und irgendwie finde ich das echt cool und denke mir, das müssen Künstler gewesen sein. Oder nicht? Was maße ich mir hier überhaupt an, beurteilen zu wollen, was hier Kacke und was gut ist?! Ganz sicher sind die Kriegsopfer Kacke. Bunte Graffitis machen mich auf Einschusslöcher aufmerksam. Die sind richtig echt. Ich fahre mit meinen Fingern darüber. Krass. Geschichte, Kunst und ich hier. Ganz allein. Wo ist überhaupt Amy? Verdammte Tochter. Meldet sich nicht. Man hört nichts. Gar nichts! Das ist bestimmt eine Prüfung, die wir gegenseitig machen. Wer es aushält, sich am längsten nicht zu melden. Wer zuerst einen Pipston von sich gibt, hat verloren. Ich bekomme irgendwie Angst und bewege mich schnell in die entgegengesetzte Richtung. Naja und »Amy« rufe ich auch mal. Um genau zu sein sind es bestimmt fünf oder sechs Mal, bis sie antwortet. »Es war cool« meint sie nur knapp. Wir tun so, als wäre nichts gewesen. Zusammen tauschen wir unsere eben gemachten Entdeckungen aus und suchen alternative Wege weiter an der Küstenlinie entlang, neben den Bauten, aber alle sind für uns jetzt zu beschwerlich. Mist – eine kleine Drohne müsste man jetzt haben! Wir finden einen schmalen Hang, der von beiden Seiten durch zusammengestürzte Brocken, Ecken und Steine wie für uns gemacht scheint. Eine Treppe hinunter sozusagen, auf der man nur höllisch darauf 8 geben muss, wo man hintritt. Aber wir schaffen es und kommen zum Ende hin auch richtig ins Laufen. Gleichzeitig verspüren wir wieder diese herrliche Meeresluft, ganz entgegengesetzt zur stickigen Hitze, die uns oben zwischen den Betonwänden umschlungen hat und sie zaubert uns beiden gleich ein Lächeln ins Gesicht. Wir sind irgendwie froh, wieder hier unten bei unserer wartenden Mama zu sein.

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Später haben wir Hunger und Durst. Es treibt uns ins Stadtinnere, in die nächstgelegene Einkaufsmöglichkeit tief versteckt in kleinen Gasse, zwischen Unmengen von parkenden Autos. Aber vor Siri kann man nichts verstecken. Sie greift einfach auf ihr Auge aus dem im Weltall treibenden Satellitenauge zu und schlägt uns ein echt cooles kleines Ladengeschäft vor, gegenüber eines noch coolerem Käseladens. Ja, echt, dort gibt es nur Käse. Dafür in allen möglichen Sorten. Ok, französisch müssen sie sein, um hier hineinfinden zu können. Aber auf ihre Käse können die Franzosen auch gern stolz sein. Ist echt der Beste! Besonders diejenigen, die nicht nach Amerika eingeführt werden dürfen, weil sie verschimmelt sind. Edelschimmel. Hmmmm. Extra lecker!

Wir haben genügend Kalorien verbraucht, also dürfen – ja müssen wir sozusagen fett essen und gönnen uns noch dazu ein leckeres Bier. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich mir ein französisches Bier ausgesucht habe. Allein die auf den Etiketten abgedruckten Prozentzahlen waren sehr beeindruckend. Acht und mehr sind da keine Seltenheit. Ich suche mir das Bier mit der höchsten Prozentzahl und der Flaschenform, die darauf schließen lässt, dass es sich um viel, also wirklich um sehr viel Inhalt handeln muss. Mir fällt eine Flasche auf, die aussieht, gar nicht wie eine Bierflasche, sondern eher, wie eine Sektflasche. auch ist Sie nach oben hin nicht durch einen schnöden Kronenkorken gegen plötzliches Auslaufen gesichert, sondern durch einen echten Korken. Voll ne Champagnerflasche mit Bier drinnen, denke ich mir und greife natürlich zu. Später sitzen wir am Strand mit diesem unfassbar leckeren Bier, das aus einer Sektpulle läuft, leckeren Kräuteroliven und noch leckerererererererem echt französischen Käse und Baguette. Und frischer Meeresluft. Und diesem Sonnenuntergang. Auch echt französisch und schick dunkörkig ? Amy trinkt übrigens Wasser. Irgendwie bin ich mächtig stolz auf sie.

Dunkerque, Sonnenuntergang

Am nächsten Tag treibt es uns zuerst über die schick angelegte Promenade. Sie ist so unendlich lang, da würde man in Deutschland bestimmt zuerst einmal eine Straße bauen, um viele Autos darüber zu jagen. Aber hier ist es irgendwie entspannt. Ein Gebäude fällt uns auf, das bunt mit fetter Farbe bespritzt wurde. So scheint es zumindest. Grelle Farben laufen ineinander und hinab, dem Mittelpunkt der Erde gravitationstechnisch eben gut gelaunt entgegen. Das wollen wir uns morgen genauer anschauen, das ist bestimmt n Museum of modern Art oder so, denken wir uns, aber wir werden es morgen und übermorgen nicht mehr hierher schaffen, kann ich jetzt schon sagen.

Dunkerque, Promenade

Wenig Menschen sehen wir hier entlang dieser wirklich gelungenen Promenade. Es ist bestes Sommerwetter, die Restaurants haben geöffnet und verbreiten leckere Düfte. Wir bekommen natürlich auch Hunger und suchen nach einem veganen Restaurant. Amy studiert die Menüs und wir ziehen von Eingang zu Eingang. Uns fällt diese französische Architektur auf, die uns wahrscheinlich eher in Form stilistisch bekannter Formen an prägnanten Stellen einfach eingesetzt werden, um uns Touristen davon zu überzeugen, dass es sich hier tatsächlich um ein originalgetreu erhaltenes echt französisches Restaurant handeln muss. Aber wir finden es ganz toll, so, wie es ist. Bestimmt gibt es hier wirklich auch noch super echte Zeitzeugen in Gebäudeform, aber eigentlich glauben wir alles, was uns dargeboten wird, sehr gern. Es ist kein Disneyland, es ist wirklich zumindest richtig echt. Und echter als die echt französischen Genießer in Form von Kunden kann man es hier gar nicht machen. Es sind ganz normale Restaurantgäste, die ihre Mahlzeit genießen. Muscheln. Wir nehmen langsam wahr, wie sich hier fast jeder einen Topf voll von Muscheln vorsetzen lässt. Unter der köstlichen Zusammenkunft echter französischer Weine, lassen es sich die Gäste zusehends gemütlicher schmecken. Plötzlich wird mir übel. Ich weiß, dass es an dieser Stelle unangemessen erscheint, aber genau so war es an der Stelle in Dunkerques. So sehr ich die französische Kultur verehre, so sehr vermeldet mein Inneres gern mal auf die Schnelle Unwohlsein. Ich entschuldige mich bei meiner Familie und kurze Zeit später finden wir uns wieder, direkt vor demselben Sonnenuntergang sitzend, mit nem schicken Bier, einem krossen Baguette,  echt französischem Camembert und viel Gesprächsstoff.

Dunkerque, Promenade

Am nächsten Tag wollen wir ins Kunstmuseum LAAC MUSÉE DES BEAUX-ARTS mit einem so genannten Action-Park, der wirklich sehr schön gemacht ist. Überhaupt ist für uns das Ganze hier ein Kunstobjekt, was wiederum aus kleineren Kunstobjekten zusammengestellt wurde. Ein echtes Meisterwerk. Hier sieht Amy nun ihren ersten Trabi im Leben. Ich weiß nicht, wie viele ich schon gesehen habe. Und ich hätte auch nie gedacht, dass ich mich so über ein Wiedersehen einmal freuen würde, aber die Pappe, wie wir ihn damals liebevoll ? nannten, ist kunstvoll verziert. Das steht ihm. Überhaupt haben ihn die Konstrukteure genau für solche Zwecke konzipiert. Er stellt quasi ne Leinwand dar. Auf die graue Pappe muss einfach Farbe ?

Dunkerque, LAAC

Hier gibts viel zu bestaunen. Einige Ideen sind wirklich richtig gut, wie ein Koffer, der gerade aufgegangen ist und aus dem einfach Masse herausfließt. Es sieht so echt aus, als würde das Ganze gerade erst zum Stillstand gekommen sein. Was das wohl bedeuten mag? Für mich könnte es zum Beispiel gut die Arbeit sein, die manche Leuten immer so mit sich herumschleppen und eigentlich nie ans Ende der Arbeit kommen. Die Zeit hat der Künstler einfach einmal anfassbar für den Betrachter visualisiert. Für Andere wird die Skulptur eben anders wirken. Darum besucht man ja solch ein Kunstmuseum und möchte das einmal selbst erfahren, sehen und manchmal auch berühren.

Dunkerque, LAAC

Wenn wir über die Gänge schlendern, sind Ecken, Wände und Pfeiler so angelegt, dass ganz coole Schatten geworfen werden. Manchmal steht extra noch eine übergroße Skulptur beispielsweise aus einem Drahtgeflecht daneben, die nochmals die Schatten überlagert. Für das alles hier benötigt mal viel Sonnenlicht. Und da haben wir heute auch echt Glück. Es passt alles! Schaut man nach draußen, sieht man wieder etwas. Das hier muss wirklich sehr gut konzipiert worden sein, denn draußen und drinnen interagieren quasi.

Hier gibt es bestimmt noch viel mehr zu sehen, aber unser Zeitplan ist engmaschig genäht und wir wollen einmal wieder das Unmögliche schaffen, nämlich viel Sehen, Lernen, Erkunden und uns zudem auch noch gleichzeitig richtig gut Erholen. Also gehts gleich weiter …

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