East Preston, Brighton, Portsmouth, Urlaub, England, Reisebericht,

3 • East Preston, Brighton, Portsmouth

Unsere dritte Station führt uns nach East Preston. Die Mädels haben diesen Ort ausgesucht, um von hier aus  verschiedene interessante Orte in der Nähe besuchen zu können.

Die Fahrt ist schon fast entspannt, denn ich glaube, jetzt hab ich endlich die Kreisverkehre kapiert ?

Meine Motivation, möglichst schnell wieder zum Relaxen überzugehen, ist etwas zu hoch, denn als wir etwas zu schnell über den ersten schmalen, dafür aber hohen Verkehrshuckel unserer Straßeneinfahrt zur neuen Unterkunft fahren, setze ich auf. Es knallt. Ein Blick in den Rückspiegel verrät, dass weder Auspuff, noch Motoröl auf der Fahrbahn zu sehen sind, also geht es geschmeidig im Schneckentempo über die nächsten Verkehrsberuhigungs-Ärgernis-Huckel und klasse – da hören wir nicht mal mehr eine Ton.

Am Strand angekommen, sehen wir zuerst einmal wenig Wasser. Also doch schon ziemlich viel, aber halt vorn sehr wenig. Dafür aber wieder diesen bekannten Sanduhren-Feinst-Sand ?, der zudem schön fest ist. Man kann also laufen, etwa wie an der Nordsee, nur keine Kilometer, es sind vielleicht 40 oder 50 Meter. Diana meint, dass es sich wahrscheinlich gerade um eine Ebbe handelt. Na da ist sie bei mir ja richtig ? Das ist doch hier viel zu steil, meine ich, und das haben wir doch schon in der Schule gelernt, das hängt doch direkt mit dem Mond zusammen. Ich erkläre ihr das also ganz genau mit der Gravitation usw. Als das Wasser wenige Stunden später wieder reichlich am Strand erschienen ist, fragt sie mich, wo denn der Mond jetzt gerade am Himmel sei. Und ich hab mir wirklich Mühe gegeben, ihn zu finden, aber was soll ich euch sagen , liebe Leute? Er war nicht da ? Ein Blick in Wikipedia zeigt, dass wir entweder Mist in der Schule hatten, oder, was auch wahrscheinlich sein kann, dass einmal wieder etliche Kunstwerke am Rand meines Hefters meine volle Konzentration verlangt haben. Das ist nämlich doch viel komplexer und es kommen sogar zu den bekannten Einflussfaktoren noch weitere hinzu. Also das ist wirklich etwas für Leute, die sich damit auskennen. Oder Diana halt ?

East Preston, Ankommen
Der Strand ist wirklich schön und wir gehen hier überall so herum. Weit hinten am Horizont kann man einen Offshore-Windpark mit etlichen Windrädern sehen, aber nicht hören. Die sind wirklich soooo weit entfernt. Also nimmst du einen Streichholz in deine Hand und streckst deinen Arm in Richtung Horizont, dann musst du noch ca. 2/3 vom Streichholz wegdenken, so weit entfernt stehen sie von hier aus gesehen. Eine ältere Dame, die mit ihrem Wauwi vorbeischlendert ist ganz nett und irgendwie beginnt ein Gespräch. Sie fragt uns, was wir vorhaben und zwischendurch fällt auch »Brighton« als Zielort, da empfiehlt sie uns sofort eine top Dampferfahrt, die man dort buchen kann. Sie führt direkt zum Offshore-Park. Da können wir uns das auch einmal aus nächster Nähe anschauen. Wir verraten ihr nicht, dass wir das in unserer Heimat ständig in unserer nächster Nähe sehen ??

East Preston, besondere Wasserspiegelung

An diesem Strand kann man etwas ganz sonderbares sehen. Das haben wir noch nie irgendwo so wahrgenommen, dass es so etwas gibt. Das Wasser sieht hier in Strandnähe wirklich richtig goldig aus. Das Zusammenspiel von Nachmittagssonne, die halt etwas tiefer steht, dem welligen Sandboden und dem gerade sehr kurzwelligem Meer, das alles erzeugt überall leichte Interferenzen des Sonnenlichts – es scheint so, dass sich hier die Wellen so brechen, überlagern und ineinander verschlingen, dass dieses Muster hier entsteht. Gott hat gerade wieder ein Auge auf uns und möchte uns bestimmt etwas verwirren. ? Wahrscheinlich ist, dass ihn meine Diskussion mit Diana über Ebbe und Flut so richtig zum Lachen gebracht hat und nun wirft er uns weitere Brocken hin. Ich denke aber, dass mir das hier viel zu komplex ist und öffne heute keine Wikipedia-Seite mehr. Ich hab Hunger auf eine Pizza. Ich frage meine lieben Damen, aber beide winken ab. Die vielen Salate der vergangenen Tage muss ich heute einmal mit sehr vielen Kohlenhydraten kompensieren, denke ich mir und laufe los. Ich werde noch gefragt, ob ich noch weiß, wo das ist. So’n Quatsch – wir sind doch gerade an der Pizzeria vorbeigefahren. Die finde ich schon. Um mir Extra-Motivation zu verschaffen, laufe ich ohne Siri oder sonstige satellitentechnisch zielführenden Hilfsmittel los. Einen Kompass oder solch ein Zeug brauche ich als alter Pfadfinder natürlich auch nicht, denn Norden bekommt man ja bekanntermaßen heraus, indem man die Seite an Bäumen sucht, die moosbewachsen sind, denn das ist die Westseite. Auf der Seite, aus der nämlich am meisten Regen kommt ?, da ist es eben schön nass und dort wächst eben gern Moos! Das ist schonmal cool. Außerdem gibts ja noch den Sonnenstand. Und die Uhrzeit. Warte mal – wie spät ist es eigentlich? Egal – ich habe Hunger. Laufe los in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Die Straße ist schön anzusehen. Mit viel Liebe zum Detail sehe ich hier wieder tolle Gärten und Häuser im Ganzen angelegt. Mein Blick sucht zwischendurch mal Bäume. Kein Moos zu sehen. Weit und breit. Außerdem scheint es gerade nur Sträucher zu geben, die irgendwie alle bunt blühen. Schick, aber eben nicht hilfreich, die nächste (und einzige) Pizzeria finden zu können.

Die Straße ist ziemlich lang und wird irgendwie immer länger beim Gehen. Da kommt mir ein sehr schöner Gedanke in meinen mehr und mehr sonnenbeheizten Kopf. Wenn ich die Straße so ansehe, da müsste ich eigentlich bis zum Ende hin laufen und dort hinten rechts abbiegen. Also wenn ich hier vorn schonmal einen kleinen Abzweig nehme und quasi im 45°-Winkel zu der angrenzenden Straße laufe, dann spare ich einen Haufen Energie, Zeit und Weg. Diese Straße ist nur nicht ganz so gerade wie die anderen, darum kann ich nicht sofort bemerken, dass es sich hier um eine Sackgasse handelt. Am Ende angelangt habe ich Glück im Unglück, denn zu meiner rechten Seite gibt es ebenfalls einen Abzweig, der mich zurück zumindest auf die erste große Straße führen wird. Denke ich. Nach einiger Zeit und noch zwei oder drei Abzweigungen bemerke ich, dass ich wohl in den zurückliegenden vielen, ja sehr vielen Minuten versucht haben muss, meine Fehler durch zuerst etwas schnelleres, dann noch schnelleres und zum Schluss ziemlich schnelles Gehen zu kompensieren. Ich bin ganz schön außer Atem. Halte nun endlich einmal an, stütze mich nach vorn mit beiden Händen auf meinen Knien (so ähnlich wie man am Ende einer ganzen Fußballsaison und dann noch nach Schluss des Endspiels manche Fußballer sehen kann) und ändere meinen Plan. Ich glaube, das ist jetzt eine angebrachtere und zeitgemäßere Idee. Ich beschließe die Pizzeria in meiner Maslowschen Bedürfnispyramide von Platz 1 auf Platz 2 zugunsten unserer neuen Unterkunft zu verschieben. Irgendwie möchte ich jetzt nach Hause. Hmmmm. Ich könnte jetzt genau den Weg zurückgehen, den ich hergekommen bin. Aber der ist sooooo extrem lang, da komme ich ja nie an! Stattdessen könnte ich doch eine Abkürzung …

… ich entschließe mich, den Weg sicherheitshalber komplett genau so zurückzugehen und möglichst schnellen Schrittes unser Heim zu erreichen. Zuhause angekommen, fragt man mich, ob die Pizza mundete und warum das so lang gedauert hätte. Da ich vorsorglich kurz vor dem Haus meinen Schweiß aus der Stirn gewischt und mein T-Shirts zurechtgerückt habe, schnell etwas Luft eingeatmet und dann erst reingegangen bin, merkt man mir nicht an, wie sehr ich außer Atem bin. Ich gebe mich ganz kurz, setze mich vor mein Handy und spähe diese scheiß Pizzeria aus.

Hunger. Die Pizzeria.
Wie sich herausstellt, liegt sie wirklich sehr nahe, aber eben nicht dort, wo ich entlang gegangen bin. Gott hat bestimmt ein paar Straßenzüge verschoben, währenddessen ich gelaufen bin. Was für ein Spaßvogel. ?? So falsch war ich gar nicht, stelle ich fest und wirklich in knappen 600 Metern habe ich sie erreicht. Die Leute sind echt cool drauf, man berät mich und ich bekomme ein wirklich göttliches Gericht, mit allem, was da so frisch und gemüse- und knobi- und kräuterartig zu haben ist und würde sie am besten hier gleich verschlingen, muss mich auf dem Weg noch sehr zurückhalten, aber ich möchte sie natürlich direkt unter den Nasen meiner lieben Damen genüsslich verzehren, am besten zurückgelehnt in einem Schaukelstuhl, mit geschlossenen Augen. Also in die Tür hinein schaffe ich es. Einen Schaukelstuhl gibts hier nicht. Ich setze mich gerade so auf einen Küchenhocker, da ist es so, wie wenn man einen Luftballon aufbläst und ihn am Ende zuknoten möchte, aber ihn nicht recht festhalten kann …

… zack! Und die Pizza ist alle. Ratzekahl.

Ich bin voll. Mein Bauch schmerzt etwas. Meine Beine auch. Ich werde heute einen sehr tiefen Schlaf haben. Die netten Damen löchern mich noch, was ich denn das erste Mal so lange gemacht hätte. Ich sage, dass es hier direkt in unserer Nachbarschaft also tolle Sträucher geben würde mit superbunten Blüten und die Häuser und kleinen Gassen und überhaupt, dass wir uns das unbedingt einmal anschauen müssen. Aber ich nehme es vorweg. Diesen Ausflug werden wir nie unternehmen.

Ein neuer Tag! Juhuuu!

Heute geht’s nach Brighton. Amys wichtigstes Ziel! Los geht’s und wir kommen zügig voran, bis auf Brighton selbst. Ich weiß auch nicht, aber auf den letzten Metern scheint mir Siri immer eine Zufallsroute auszuwählen und sie führt uns durch den dicksten Verkehr und möglichst gleichzeitig durch die schmalsten Gassen. Ich erkläre es Diana so, dass wenn ich der Programmiere solch einer App sein würde, ich ja auch nicht alle über ein und demselben Pfad führen würde. Dann würden doch alle Straßen dieser Welt verstopfen. Dann doch lieber kurz vor dem Ziel jedem eine eigene Route geben, sodass sich der Verkehr schön über alle möglichen Gassen verteilt und alle ihre Ruhe haben. Aber es ist nix mit der Ruhe und nachdem ich das zweite Mal auf der 4-spurigen Promenadenstraße wenden muss, fahre ich direkt ins Zentrum und bleibe an der ersten besten und wahrscheinlich parktechnisch teuersten Stelle stehen. eben sind wir an einem Parkhaus vorbeigefahren, bemerke ich und meine lieben Damen stimmen mir zu, Wauwi mit einem Augenzwinkern. Man wartet ab, aber ich bleibe stur sitzen. Verschränke nach ca. 30 Sekunden einmal meine Arme ineinander. Vielleicht hilft das ja.

Brighton, erster Ausflug in die Stadt
Ja, es hilft, Amy meldet mit Blick auf ihr Handy den Eingang in 80 Metern Entfernung und sie ziehen los, um die Durchfahrtshöhe einmal kurz zu prüfen und ob da überhaupt noch ein Plätzchen frei ist. Meine Blicke schweifen derweil durch die Gegend. Hey yeah, das ist hier megacool, überall klassische Fassaden mit handgeschnitzten Buchstaben, französische Weinterrias, spanische Tolleros oder so und überall sieht es wirklich sehr toll aus. Aber erst einmal müssen wir unser Auto unter Dach und Fach bekommen. Das gelingt uns und schnell tauchen wir ein in dieses herrliche Stadttreiben. Amy führt uns durch schicke enge Gassen, tolle große Straßen, wo wir sogar einen Eingeborenen im Mini beobachten können, der falsch in eine Einbahnstraße hineingefahren ist und sich einen verbalen Schlagabtausch mit einem Busfahrer gönnt. Schnell führen uns die Straßen zu Attraktionen, wie ⁨⁨Pavilion Gardens, Brighton and Hove und das ⁨Brighton Palace Pier. Hier ist es wirklich herrlich, wenn man sich all diese Menschen, Möwen, Spielautomaten und Fahrgeschäfte sowie sonstige Buden wegdenkt. Am Eingang bereits macht uns ein Eingeborener darauf aufmerksam, dass wir unseren Wauwi draußen lassen müssen. Der Wauwi liegt schlafend in seinem Kinderwagen, aber das ist egal. Diana spaziert bis unter das schattenspendende Pear und wartet auf uns. Wauwi natürlich auch.

Pear

Wir spazieren bis ans Ende, aber wie der Anfang des vorangegangenen Satzes bereits impliziert, bereitet es uns nicht solch eine große Freude. Die Aussicht ist sehr schön, man kann sehr weit über das Meer laufen und hat zu beiden Seiten hin eine sehr schöne Aussicht. Aber echt, diese ganze Mega-Maschinerie von Geld-Glücks-oder-besser-Pech-Automaten, die zudem sehr laut sind, vertreiben uns unsere gute Laune. Schnellen Fußes laufen wir bis fast nach ganz hinten, kehren um, sodass wir wenigstens  das Gefühl haben, alles gesehen zu haben, wenn wir hier schon einmal sind.

Unten gabeln wir Diana und Wauwi auf und schauen uns hier einmal genauer um. »Promenade« kann man das hier nämlich eigentlich gar nicht nennen. Eher »Mega-Terrassen-Treppen-Promenade«, denn der erste breite und gut genutzte Gehweg schließt an die Vorderseite der Hotels und Restaurants an, darauf folgt eine vierspurige stinke-Abgas-Emissions-Straße, auf der man Cabriofahrer, ganz ohne Mundschutz fahren sehen kann ?. Daneben sieht man die eigentliche Promenade. Sie ist schick breit und zur Meerseite durch ein Geländer vom nächsten befestigten Stückchen getrennt. Hier kann man Leute auf einem Basketballplatz spielen sehen (Alle tun auch so, als hätten sie Freude dabei ?) und erst dahinter gelangt man zum echten und anfassbaren Strand, der auch so breit ist, dass er Unmengen von Sonnenbadern, spielenden Kids, Badewütigen und Liebespärchen aufnehmen kann, ohne dass man sich gegenseitig auf die Füße tritt.

Pear Brighton

Als wir wieder einen Kreis in die Altstadt ziehen, schlendern wir am Museum & Art Gallery, dem schicken ⁨Royal Pavillon Gardens vorbei, sehen Unmengen von Touris, viele liegen so herum, als hätte Gott sie so ausgestreut.

Amy beschließt, einmal Bock auf Shoppen zu haben. Wir beschließen spontan, dass wir auch Bock auf einen Kulissenwechsel haben, aber in ganz anderer Form, denn wir wollen einmal einen grünen, menschenleeren Platz zum Ausruhen, wir sind ja ooch nich mehr die Jüngsten ? reden wir uns mal so ein ? Wir trennen uns also und ein kurzer Blick auf Siris Satellitenaugenbild verrät uns ein ruhiges, grünes Plätzchen in der Nähe. Als wir fast angekommen sind, entpuppt er sich als Kirchenareal mit integriertem Friedhof. Egal. Jetzt wird gechilld ? Wir verhalten uns auch ganz ruhig ? Was uns hier auffällt, ist eine endlos lange Reihe von Grabsteinen. Ich schaue mir so etwas gern auch einmal genauer an. Hier fällt mir auf, dass wirklich jeder erst einmal identisch auszusehen scheint. Bei näherer Betrachtung hingegen kann man sehen, dass wirklich jede einzelne Form individuell und einzigartig gestaltet ist. Irgendwie seltsam, wie sich der Mensch so verhält. Eigentlich sagt man ja auch Individuum. Sein ganzes Leben lang verhält es sich ganz individuell, wohnt, lebt und ganz besonders kleidet. Irgendwie scheint es so, dass jeder einzigartig sein möchte, aber dann ziehen doch alle irgendwie Hosen an. Dann gibts nen Trend und dann sind sie sogar alle nur halblang oder zerrissen oder so etwas, aber es bleiben immer Hosen ? Beim Auto oder Essen wirds natürlich noch etwas verschärfter. Das ist ja größtenteils schon Glaubenssache geworden, obwohl es so viele Möglichkeiten gibt, gerade an dieser Stelle, rationale Entscheidungen zu treffen. Über den Konsum, so scheint es, definieren wir uns ein Stückweit. Apropos Konsum – wo ist unsere shoppende Tochter? Ob bereits die ersten Geschäfte aus Mangel an Ware zwischendurch schließen mussten? Natürlich nicht. Einige echt englische Mitbringsel müssen es sein. Das ist so ein Äquivalent zu Dianas Steinchen ?, an die man ja immer die tollen Erinnerungen ankern kann.

Shoppen

Da uns jetzt langweilig ist, und als aufmerksame Eltern kümmern wir uns natürlich nicht selbst um Abwechslung, denn für solche Dinge hat man ja seine liebe Tochter, konfrontieren wir sie mit unserem abrupten Sinneswandel. Vorwurfsvoll sprechen wir Amy nach einer abwechslungsreicheren Gegend an. Ihr bemerkt bestimmt, dass uns bereits nach wenigen Metern unter unseren Sohlen schnell langweilig wird ? Nach kurzen Smartphoneblicken lotst uns Amy ein paar Straßen weiter und ja, architekturmäßig sieht alles gleich aus, wie im alten Stadtkern, aber der hier scheint ebenso dazuzugehören, und doch irgendwie nicht, denn die Leute, die hier so umherwuseln, sehen schonmal ganz anders aus. Die Häuserfronten zwar eigentlich auch, nur mit dem Unterschied, dass hier einmal Bob Marley vorbeigekommen sein muss und seine Hände gehoben hat, um zu sagen, hey Leute. Das geht ja gar nicht so! Hier habt ihr ein paar Kübel voll bunter Farben. Gießt die mal alle schön über eure Fassaden, dann sieht das schon besser aus ????

Es duftet hier überall nach diesen Räucherstäbchen, die man vom Ibiza-Markt her kennt. Wenn man ihn zweimal umrundet, dann kommen einige Leute auf einen zu, die komische Dinge anbieten, die man meistens qualmend konsumieren kann oder so ?

Naja das Flair konntet ihr also gerade inhalieren, wir inhalieren gerade einen Fotoladen. Amy sucht sich wirklich außergewöhnliche Postkarten aus und kauft dazu gleich noch Marken. Ich sehe mir die Schaufensterauslage von innen an. Als Fotofan, also werden meine Blicke auf Kameras gezogen. Ich erblicke eine wirklich außergewöhnliches Markenmodell. Bin selbst Besitzer einiger Gehäuse und verschiedenster Objektive und ja, es ist auch mein Werkzeug bei der Arbeit, aber solch ein Modell habe ich noch nicht gesehen. Sieht aus wie ne uralte Pentax von meinem Urgroßopa, soll aber laut handschriftlicher Beschreibung eine Vollformatsensorausführung erster Güte sein. Das Markenzeichen sieht irgendwie retro aus. Handgemalt oder die haben halt wirklich extra für das Gehäuse hier ein Redesign durchgeführt, denke ich mir ?Und das für schlappe 125 £. Ich überlege lange. Wirklich seeeehr lange. Also für den Androiden Data von der Enterprise wäre es eine Ewigkeit, die ich zögere. Nach ca 12 Millisekunden verlasse ich den Laden.

The Lanes

Amy ist glücklich. Die Motive sehen wirklich sehr kreativ aus. Das ist abwechslungsweise wirklich ganz ehrlich gemeint. Die Klamottenläden und was es hier alles noch so gibt, machen auch einen super Eindruck. Es gibt viel Handgemachtes. Ich finde Sachen gut, die einzigartig und eben nicht von der Stange sind. Liebhaber finden hier etliches. Das Ambiente und die Leute sind einfach sehenswert, cool und einzigartig. Wir genießen das Herumschlendern und finden noch eine ganz ähnliche Gasse. Die ellenlang zu sein scheint. Bestimmt kann man hier auch gut essen, aber wir beschließen wieder einmal, dass wir doch lieber zu Hause essen werden. Warum? Ich erkläre es euch, ihr werdet es verstehen. Also eigentlich beginnt immer alles im selben Muster. Einer von uns signalisiert, dass er demnächst etwas Hunger verspüren könnte und ob wir uns hier vielleicht ein Restaurant aussuchen wollen. Na worauf hast du denn Appetit – ich könnte mir gut einen Salat vorstellen, so mit Feta, leckeren Kräutern und dazu ein Knobibrot. Darauf erwidert der Hungervermelder aber erst seinen persönlichen Appetit, wie: Also ich könnte jetzt so ne richtig tolle Schmorpfanne mit Paprika, Mais, Tomaten und unsere schöne Körnermischung angeröstet ganz gut vorstellen. Vielleicht überbacken wir das mit dem französischen Käse, den wir noch aus Dunkirque mitgenommen haben. Amy schließt dann mit ich will Röster mit Humus und mag jetzt meinen veganen Kräuterdip dazu. Und dann sitzt du da. Du schaust und gehst und alles sieht so lecker aus und überall bekommen sie bestimmt jeden satt, außer uns. Und so suchen wir schnell unser Auto auf, damit wir noch schneller unser Menü zubereiten können. Beim Laufen kommt mir ein genialer Gedanke. Ihr kennt doch bestimmt diese Manipulationsmethode aus den USA, wo Leuten im Kino Hunger und Durst durch unterschwellig eingespielte Bilder bereitet wird. Also der Film läuft, bei 50 Bildern in der Sekunde und dann werden einfach zwei oder drei Bilder von z. B. Chips oder Eis oder Kola oder so eingeblendet. Das nimmt der Zuschauer nicht wahr, aber unterschwellig wird halt dieses Verlangen ganz subtil übermittelt. Und genau so machen wir das in solch einer Einkaufspassage. Mit Richtmikrofonen bestrahlen wir unentschlossene Leute, wie wir es hier sind einfach mit leisen Worten, wie Pommes, ich will Pommes, oder so und das natürlich ganz leise, unterschwellig halt. Und die Leute bekommen nur Hunger auf Pommes. Da ist doch allen mit geholfen – oder? Und zack, schon wieder ist eine erfolgreiche Geschäftsidee geboren!????????? Am Parkautomaten lösen wir schonmal den Preis eines ausgedehnten Familienabendessens, aber egal, wir haben es jetzt eilig!

Unser nächster Tag in Brighton

Die Stadt hat sich jetzt nicht wesentlich von gestern zu heute verändert, habe ich den Eindruck. Über die Menschen indes kann ich das nicht so genau sagen. Die habe ich mir natürlich nicht alle gemerkt. Wir gehen kontrollieren. Also die Gebäude. Was wir gestern nicht geschafft haben und wo wir uns sehr drauf freuen sind das Museum & Art Gallery und der Royal Pavillon. Das Kunstmuseum ist sehr cool und reichhaltig ausgestattet. Stundenlanges Staunen ist also angesagt. Übrigens hab ich meine Stirnfalten natürlich nur aufgrund solcher Gelegenheiten. Und Lachen, viiiiel Freundlich sein und so ???

Art & Gallery, Brighton, Museum

Interessant ist es aber wirklich. Und was uns ganz besonders gefällt, ist ein Lag, was sie in der oberen Etage für Jedermann eingerichtet haben. Du kannst dorthin gehen und ein Studienobjekt deiner Wahl aussuchen und es gründlich untersuchen, anschauen, zeichnen, was auch immer Wissenschaftler mit solchen Dingen so anfangen. Die Atmosphäre ist etwa so, wie Bill Bryson sie in seinen Erfahrungsberichten im National History Museum London beschreibt.

Gleich nebenan liegt ja das riesige Gebäude Royal Pavillon, das auf mich den Eindruck einer arabisch-asiatisch-englischen Inspirationsmischung macht, aber gleich werden wir es ja hautnah erfahren.

Im Eingangsbereich sieht man überall Hinweise, die man auch verstehen kann, wenn man weder Lesen noch Schreiben kann, und trotzdem macht der Kassierer einer asiatisch anmutende kleine Gruppe nochmals verbal darauf aufmerksam. Nachdem sie etwa vier oder fünf Schritte (also in noch sehr guter Hörentfernung) in den ersten Gang gelaufen sind, hören wir dieses Standard-Klick-Surr-Geräusch, was sie allen elektronischen Geräten verpasst haben, die bei der Betätigung des eigentlich lautlosen Auslösers eines Elektronik-Fotoapparats beimixen, damit der Abdrücker ne Rückmeldung erhält, dass er wirklich abgedrückt hat. Ach cool denke ich, endlich mal wieder Fremdschämen ?

Wir genießen das Umherlaufen wirklich auch komplett ohne unsere Kameraschusswaffen, um wirklich die Atmosphäre und halt sie geschichtlichen Dinge wahrnehmen zu können, sie man nicht erlesen kann und ja, es gelingt uns ganz gut. Bis auf die kleine Teestube ganz oben. Also »klein« ist natürlich untertrieben, aber man nett so etwas hier so. Dort kann man auf eine Außenterrasse heraustreten und im wunderschönen Sommer-Sonnenlicht den grün-bunten Park bewundern. Herrlich!

Das Gesamtgebäude wurde wirklich sehr schön und detailtreu restauriert. Am Ende kann man noch ein Making-Of-Zimmer bewundern mit genauen Angaben. Besonders toll finden wir die Idee, den rechts gelegenen Zwiebelturm-Festsaal-Dom so einzurichten und auszustatten, als würden sich jeden Moment die Gäste an die superlange Tafel setzen, um zu speisen und zu feiern. Gleich nebenan betritt man das Küchengebäude. Ich nenne es einmal extra so, weil wahrscheinlich jede Dorfkirche weniger Innenraumvolumen besitzt, als diese Küche. Und damit man eine echte Vorstellung von dem Aufwand, der damals betrieben werden musste, erhält, findet man überall imitiertes Obst und Gemüse, hängende Schweinehälften, Weinfässer und Unmengen von Kochgeschirr. Kaminartige Kochstellen und Arbeitsflächen mit so viel Kram hab ich noch nicht gesehen. Und das alles nur für so eine Feier nebenan. Ok – diese Tafel ist wirklich sooooo lang, wie man sie aus solchen Mittelalterfilmen kennt, aber den Aufwand, der für die Zubereitung aller Speisen und Getränke notwendig ist, kann man anhand der Ausstaffierung erst erahnen. Super gemacht, liebe Historiker, Rekonstrukteure, Restaurateure und Geldgeber natürlich auch ?

An der Ausgangstür ist ein Schild zu sehen, auf dem zu lesen steht, dass man hier alles bitte nichts anfassen soll. Die Leute scheinen sich wirklich überall daran zu halten, außer genau an dieser Stelle. Hier steht ein kupferner Topf, der an der nächsten vom Besucher erreichbaren Stelle gesehen sehr schön blank ist ???

Amy möchte auf die Aussichtsplattform

Der Name »British Airways i360« deutet ja bereits etwas darauf hin, dass es sich wahrscheinlich um einen hohen, vielleicht sogar sehr hohen Turm handeln könnte. Amy meint, er wäre nur 138 Meter hoch. Ich erinnere sie daran, dass ich etwas Höhenangst habe. Sie meint, die Brighton Palace Pears würden ja auch auf schmalen hohen Stelzen stehen und seien ja auch schon ganz schön hoch und darauf wäre ich schon ohne Probleme gelaufen. Ich frage auch, wenns denn schon so aussieht, als würde ein Ufo an einem Strohhalm nach oben fliegen, ob da schonmal irgend etwas passiert sei? Wenn ich mir es so anschaue, könnte ich mir nämlich vorstellen, dass bei einer zu hohen Aufstiegsgeschwindigkeit man schon noch etwas sozusagen über das Ziel hinausschießen könne. Sie versichert mir, dass sie gestern direkt mit dem Betreiber telefoniert habe und organisiert hätte, dass die Plattform ganz oben angekommen, sich nur einseitig aus ihrer Verankerung lösen wird. Dann werden wir zwar in ca. 30° Neigung eine Weile dort oben bleiben, aber während wir gerettet werden, könne ich ja dem Filmteam einen Deutschland-Riegel in Richtung Kamera strecken. Wegen der PR und so. Ich denke kurz nach und ja, irgendwie hat sie mir diesen Aufstieg gerade richtig schmackhaft gemacht. Ich will da jetzt unbedingt hoch!

Als wir die Karten lösen, frage ich noch kurz, ob im Preis gleich der Rückflug für uns beide mit inbegriffen ist, aber die beiden netten Kassierer verstehen mein Altmärkern nicht und von Amy bekomme ich keinen Anranzer, weil sie schon weitergegangen und nichts bemerkt hat.

Wir haben das Glück ? und dürfen zusammen mit einer jungen spanischen und portugiesischen Schulgruppe fahren. Oder fliegen? ? Alle sind so fasziniert, aufgeregt und enthusiastisch, dass eine nette British Airways-Dame mehrfach per Mikrofon versucht, etwas Ruhe ins Ufo zu bekommen, aber das ist nicht möglich, die Freude über den wirklich herrlichen Ausblick überwiegt bei den Kids gewaltig. Wir finden es eher erheiternd und ich habe gar keine Zeit, an Höhenangst zu denken ?

Aussichtsturm, Brighton

Oben angekommen, hält die Verankerung, das Ufo kippt weder zur Seite, noch fliegen wir nach oben in den Himmel hinaus. ?? »Schade, klappt wohl doch nicht mit der PR«, meint Amy schulterzuckend und ich frage, ob sie schonmal Final Destination gesehen hätte. Das hier haben wir überlebt, aber wir müssen ja noch nach Hause fahren und morgen ginge es ja auf die hohen Klippen und so ?? Sie lacht und langsam gehts abwärts. Wir genießen die schicke Ansicht quasi aus einem Riesenauge und schießen noch einige Bilder. ?

Portsmouth⁩

Am nächsten Tag fahren wir in die Universitäts- und Hafenstadt Portsmouth. Hier gibt’s auch solch einen tollen Aussichtsturm, auf dem man seine Höhenangst bezwingen kann. Außerdem kann man sich bei dieser Gelegenheit natürlich auch einen tollen Überblick über das gesamte tolle Areal holen. Der Turm ist jedoch völlig anders konzipiert. Ein Fahrstuhl führt nach oben auf Aussichtsplattformen. Eine ist geschlossen, darüber befindet sich eine nach oben hin offene, die schick windig ist. Auf der großen Plattform ist mittig eine schicke gläserne Aussparung, die den Blick senkrecht nach unten eröffnet. Man darf sie nur in Socken betreten. Also amy bekommt ihre Schuhe komischerweise leicht und schnell auf, aber ich nicht, also kann nur sie den direkten Blick nach unten genießen, währenddessen ich mich mit einem Blick, sicher hinter einem Handlauf, begnügen muss. Schade eigentlich, das nächste mal, wenn wir hier wieder vorbeikommen, verspreche ich, mir vorher Schuhe anzuziehen, die man auch wieder ausziehen kann.

Portsmouth⁩

Wir beeilen uns, damit wir zusammen mit Diana (sie muss mit Wauwi leider draußen bleiben) noch ein Wenig das Gelände erkunden können. Riesig, toll, architektonisch super abwechsungsreich, historisch, neu, noch historischer und noch neuer und immer eine tolle Aussicht aufs Meer. So zeigt sich das Viertel von Portsmouth, was wir neugierig erkunden. Um diese schöne Stadt erkunden zu können, müsste man eigentlich wahrscheinlich mindestens eine Woche einplanen. Das tun wir beim nächsten Trip. Versprochen. ? Morgen geht es jedoch schon nach …

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